Im zweiten Teil unserer Purpose-Serie geht es um die Entwicklung eines nachhaltigen, sozialen und ökologischen Unternehmenszwecks (Purpose), falls er nicht ohnehin schon in der DNA der Organisation verankert ist. Dieser Prozess ist ein wesentlicher Schritt für Unternehmen, die sich in der Purpose Economy und der Gemeinwohl-Ökonomie positionieren möchten. 

Hier sind einige Schritte, die Unternehmen gehen können, um einen solchen Purpose zu entwickeln:

1. Mit Stakeholdern sprechen

Ein erster Schritt kann darin bestehen, die Stakeholder ins Boot zu holen, etwa mit persönlichen Befragungen, digitalen Formularen oder Workshops. Das können Mitarbeitende sein, Kunden, Lieferanten, lokale Gemeinschaften und sogar die Umwelt, kurzum alle, die von der Geschäftstätigkeit des Unternehmens betroffen sind.

Indem ein Unternehmen diese Sichtweisen analysiert, kann es besser verstehen, welche Auswirkungen ihre Tätigkeit hat – positiv wie negativ – und wie diese verbessert werden können. Interessant: Wer sich im Rahmen der CSRD mit Nachhaltigkeitsberichten beschäftigt, muss diese Stakeholder-Befragung im Rahmen der Wesentlichkeitsanalyse sowieso durchführen. Es ist also ein guter Zeitpunkt für Unternehmen auf dem Weg in die Transformation, neben einem Nachhaltigkeitsbericht auch einen Purpose zu entwickeln.

2. Mission und Vision definieren

Ein zweiter Schritt könnte sein, eine klare und inspirierende Mission und Vision zu entwickeln. Diese sollte auf Nachhaltigkeit und sozialer Verantwortung basieren und konkret darlegen, was das Unternehmen erreichen will und warum.

Die Mission beschreibt seinen grundlegenden Zweck – warum ein Unternehmen existiert und was es erreichen will. In einer Purpose-Economy könnte die Mission beispielsweise den Aufbau nachhaltiger Lieferketten, die Reduktion des ökologischen Fußabdrucks oder die Verbesserung der Arbeitsbedingungen innerhalb der Industrie einschließen.

Die Vision beschreibt die langfristigen Ziele und den idealen Zustand, den man in einer Purpose-Economy anstrebt. Sie ist eine inspirierende Darstellung einer möglichen Zukunft, die zeigt, wie die Welt durch die Existenz und die Bemühungen des Unternehmens verbessert wird.

Derlei lässt sich hier nur sehr allgemein darstellen. Es bedarf der individuellen Analyse (und Schritt 1.), um herauszufinden, wo der Impact des Unternehmens liegt – positiv wie negativ – und wo es die Möglichkeit gibt, realistische Versionen von Purpose, Mission und Vision zu entwickeln.

3. Purpose-Werte definieren

Unternehmen der Purpose Economy legen idealerweise Werte fest. Jede unternehmerische Entscheidung, bis hin zu Partnerschaften mit anderen Unternehmen, kann dann daraufhin geprüft werden, ob sie diesen Werten entspricht oder nicht.

Was ist hierfür zu tun? Unternehmen müssen dafür zunächst eine klare, verständliche und messbare Werte-Charta entwickeln, die ihre ethischen Grundsätze definiert. Sie müssen dann sicherstellen, dass jede unternehmerische Entscheidung sich auf Basis dieser Charta prüft. Ein regelmäßiger Dialog mit Mitarbeitende, Kunden, Lieferanten und der Öffentlichkeit kann helfen, diese Unternehmenswerte kontinuierlich zu überprüfen und zu verbessern.

4. Transparenz schaffen

In Purpose Economy und Gemeinwohl-Ökonomie spielen Berichterstattung und Transparenz eine wesentliche Rolle, um Glaubwürdigkeit und Vertrauen bei den verschiedenen Stakeholdern zu fördern, Verbesserungspotentiale zu erkennen und Handeln und Kommunikation zu harmonisieren.

Bei weitem nicht alle Unternehmen sind berichtspflichtig – es kann aber sinnvoll sein, freiwillig ein ESG-Reporting einzurichten, zum Beispiel um die Purpose-Entwicklung mit Substanz zu unterlegen und Umweltaussagen (Green Claims) machen zu können, die auf der tatsächlichen Nachhaltigkeitsleistung des Unternehmens basieren.

5. Purpose-Kultur ins Unternehmen tragen

Es reicht nicht, wenn die Personen, die zum Beispiel mit Nachhaltigkeit oder Marketing beauftragt sind, auf dem Reißbrett einen Purpose entwickeln. Er muss ins Unternehmen hineingetragen werden.

Verzichten Sie daher nicht auf interne Workshops und Trainings, um das Bewusstsein und Verständnis für nachhaltige Methoden im betrieblichen Alltag zu schärfen und zum anderen auch den Zweck des Ganzen zu vermitteln. Nehmen Sie Anliegen und Fragen von Mitarbeitende ernst und schaffen Sie Strukturen, die Ihnen die Möglichkeit geben, eigene Ideen für nachhaltige Verbesserungen einzubringen und umzusetzen.

6. Purpose rechtlich verankern

Die ersten fünf Schritte sprechen für einen guten Willen, aber dieser Schritt meint es ernst: Typischerweise helfen Organisationen wie die Purpose Stiftung oder die Stiftung Verantwortungseigentum dabei, rechtlich dafür zu sorgen, dass der Purpose aus dem Unternehmen nicht mehr entfernbar ist.

Die im ersten Teil unserer Serie „Purpose Economy“ beispielhaft genannten Unternehmen Ecosia und WEtell sind solche Unternehmen im Verantwortungseigentum, die rechtliche Schritte ergriffen haben, um Purpose-Economy-Unternehmen zu bleiben und auch das Vermögen an das Unternehmen und den Purpose zu binden. Über 200 solche Unternehmen gibt es in Deutschland schon, darunter Bio-Anbieter Alnatura, Kondomhersteller Einhorn, Sanitätsanbieter Goldeimer und den Spielzeughersteller Stapelstein.

Fazit: Purpose ist Mehrarbeit mit Sinn

Einen authentischen Purpose in die Unternehmenskultur einzuführen ist natürlich mit Arbeit verbunden. Es erfordert eine ganzheitliche Überarbeitung der Unternehmensziele, Strategien und Prozesse, die sicherstellt, dass alle Unternehmensaktivitäten auf den Unternehmenszweck abgestimmt sind. Dies geht Hand in Hand mit einer transparenten Berichterstattung und einer offenen Kommunikation, die es Stakeholdern ermöglicht, die Bemühungen des Unternehmens zu erkennen und zu bewerten. Nur so kann der Purpose zu einem echten Treiber für langfristigen Erfolg und nachhaltige Entwicklung werden.